IDC: Das Thema Nachhaltigkeit ist alles andere als neu, verliert aber durch den wirtschaftlichen Druck bei einigen Unternehmen an Priorität. Warum ist es aus Ihrer Sicht gerade jetzt besonders wichtig, Nachhaltigkeitsinitiativen auf den Weg zu bringen und konsequent voranzutreiben?

Jacques Diaz: Unternehmen, die Nachhaltigkeitsinitiativen auf den Weg bringen, sind besser in der Lage, sich an sich verändernde Marktbedingungen, gesetzliche und gesellschaftliche Anforderungen anzupassen. Durch nachhaltiges Wirtschaften können sie nicht nur Ressourcen sparen und Emissionen reduzieren, sondern auch das Vertrauen und die Loyalität ihrer Kunden, Investoren und weiterer Stakeholder zu gewinnen. Gerade jüngere Fachkräfte sehen dieses Thema zunehmend als Differenzierer in der Corporate Identity von Unternehmen. Als Unternehmen tragen wir eine Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden, Kunden, Stakeholdern und der Umwelt und haben Nachhaltigkeit als festen Bestandteil unserer Geschäftsstrategie verankert und setzen uns für die kontinuierliche Verbesserung ein. Wir sind uns bewusst, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine moralische Verpflichtung ist, sondern auch ein wichtiger Faktor für den Erfolg unseres Unternehmens und die Zukunft unserer Gesellschaft. Gerade jetzt, wo die Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit immer offensichtlicher werden, wollen wir als Unternehmensgruppe und Teil der internationalen VINCI Energies Gruppe unsere Verantwortung wahrnehmen und proaktiv nachhaltige Lösungen entwickeln und umsetzen. So können wir unseren Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels, Natur- und Ressourcenschutzes leisten und gleichzeitig unser Unternehmen zukunftsfähig machen.

IDC: Mit welchen Herausforderungen sehen sich Ihre Kunden derzeit bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen und Initiativen in Bezug auf Nachhaltigkeit konfrontiert?

Diaz: Unsere Kunden sind bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen mit verschiedenen Herausforderungen und dynamischen Rahmenbedingungen konfrontiert. Eine der wichtigsten Herausforderungen besteht darin, ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte miteinander in Einklang zu bringen. Zudem müssen Lieferketten überwacht werden, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden. Auch die Umstellung auf neue Technologien und Prozesse erfordert oft hohe Investitionen und stellt eine Herausforderung dar. Darüber hinaus sind gesetzliche Vorgaben und Rahmenbedingungen wie z. B. das Energieeffizienzgesetz für Rechenzentren oder die Erfüllung der Anforderungen der im Jahr 2022 vom EU-Parlament verabschiedeten Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) zu berücksichtigen, die sich teilweise schnell ändern können. Die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie und die Finanzierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die sich erst in der Zukunft auszahlen, sind weitere Herausforderungen. Als Unternehmen unterstützen wir unsere Kunden, indem wir ihnen sogenannte grüne Angebote gekoppelt an innovative Lösungen anbieten, wie z. B. Software für die digitale Unterstützung von Kreislaufwirtschaft, Entsorgung und Recycling, CO2-sparende Data-Center-Infrastrukturen sowie minimalinvasive Verfahren für den Breitbandausbau.

IDC: Nachhaltigkeit und IT gehen Hand in Hand. Mit welchen konkreten Technologien und Lösungen können oder müssen IT-Anbieter zu mehr Nachhaltigkeit beitragen?

Diaz: IT-Technologien bieten große Chancen, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und einen wertschöpfungsübergreifenden Beitrag zu leisten. Eine Möglichkeit für IT-Anbieter besteht darin, die Energieeffizienz der IT-Infrastruktur zu verbessern, indem Technologien und Lösungen wie Virtualisierung, Cloud Computing oder Automatisierung eingesetzt werden. Virtualisierung hilft beispielsweise dabei, den Energieverbrauch zu senken und CO2-Emissionen zu reduzieren, indem Server konsolidiert und Anwendungen virtualisiert werden. Die Konsolidierung von Servern und die Implementierung energiesparender Technologien durch die Nutzung von Cloud-Computing ermöglichen es Unternehmen, ihren Energieverbrauch zu senken und damit zu einer Verringerung ihrer Umweltauswirkungen beizutragen. Green-IT-Initiativen bieten ebenfalls die Möglichkeit, zur Nachhaltigkeit beizutragen, indem sie beispielsweise energieeffiziente Hardware und Software anbieten oder Energiesparmaßnahmen und geteilte Ressourcen für Stromversorgung, Licht und Klima in Rechenzentren ergreifen, um den CO2-Ausstoß zu minimieren und den Energieverbrauch zu reduzieren. Abwärmekonzepte und grüne Energieversorgung auf Basis von Wasserstoff-Brennstoffzellen sind weitere Innovationen. Darüber hinaus können IT-Anbieter durch die Entwicklung von cloudbasierten Lösungen für ein nachhaltiges Abfallmanagement sowie Energie-, CO2- und Umweltreporting die Kreislaufwirtschaft fördern. Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu verbessern, indem Umweltaspekte sowie soziale Aspekte wie Arbeitsbedingungen und Menschenrechte in allen Unternehmensprozessen berücksichtigt werden. Insgesamt ist die IT-Branche also gut positioniert, um einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten und dazu beizutragen, eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass jedes Online-Meeting, jede Remote-Wartung und jede digitale Automatisierung von Produktion netto CO2-Einsparungen bringt, wenn dadurch Dienstfahrten, manuelle Arbeiten oder Materialeinsatz reduziert werden können.

IDC: Nachhaltigkeit umfasst viele Dimensionen: Welche Rolle spielen die Mitarbeitenden selbst bei der Gestaltung und Umsetzung von Initiativen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht und welche Handlungsschritte können Sie empfehlen?

Diaz: Mitarbeitende spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung und Umsetzung von Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit, welcher ein Teil unserer Unternehmenskultur ist. Wir haben positive Erfahrungen damit gemacht, dass wir unsere Mitarbeitenden aktiv in unsere Nachhaltigkeitsinitiativen einbeziehen und sehen hier auch sehr viel persönliches Engagement unserer Mitarbeitenden. Ein Beispiel hierfür ist der Umweltpreis unseres Mutterkonzerns VINCI, der weltweit betriebliche Initiativen unserer Kolleginnen und Kollegen auszeichnet, die besonders innovativ und umweltfreundlich sind. Die besten Projekte werden weiterentwickelt und verbreitet, um den ökologischen Fußabdruck des Konzerns zu reduzieren und die Entwicklung von umweltfreundlichen Angeboten für Kunden zu beschleunigen. Der Umweltpreis und seine drei Schwerpunktthemen (Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Naturschutz) entsprechen vollständig unserer Umweltambition. Er ist mehr als nur ein interner Wettbewerb und bietet unseren Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, aktiv an der ökologischen Transformation von VINCI mitzuwirken. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden ermutigen, sich aktiv an Nachhaltigkeitsinitiativen zu beteiligen, und ihnen hierfür die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Schulungen und Workshops können ebenfalls dazu beitragen, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schärfen und das Engagement zu fördern. Außerdem ist es wichtig, eine positive und unterstützende Unternehmenskultur zu schaffen, die es ermöglicht, sich für Nachhaltigkeit zu engagieren und Ideen und Vorschläge zu teilen.

IDC: Schauen wir in die Zukunft: Regularien in Bezug auf die Lieferkette und die Berichterstattung werden neue Maßstäbe setzen. Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie, auch darüber hinaus, und welche proaktiven Initiativen planen Sie als Anbieter?

Diaz: Wir sind uns bewusst, dass zukünftige Regulierungen in Bezug auf die Lieferkette und die Berichterstattung neue Maßstäbe setzen werden. Als Anbieter nehmen wir unsere Verantwortung sehr ernst und ergreifen proaktive Maßnahmen, um sicherzustellen, dass wir nach den höchsten Standards arbeiten. Konkret haben wir die ISO-Zertifizierung für Umweltmanagement 14001 im Rollout und in einzelnen Gesellschaften unserer Gruppe bereits erfolgreich abgeschlossen. Zudem haben wir ein Risikomanagementsystem eingerichtet, um potenzielle Risiken in der Lieferkette zu identifizieren und zu bewerten. Dabei dokumentieren wir auch in Screenings die Aussagen unserer Technologiepartner zu ihren eigenen Lieferketten und der Umweltbilanz ihrer Produkte. Darüber hinaus haben wir einen Beschwerdemechanismus eingerichtet, der es unseren Mitarbeitern und Geschäftspartnern ermöglicht, Bedenken oder Unregelmäßigkeiten bezüglich unseres Unternehmens zu äußern. Um sicherzustellen, dass wir ethische und rechtskonforme Standards einhalten, verfügen wir über ein für alle Stakeholder zugängliches Meldesystem. Dieses ermöglicht es, Unregelmäßigkeiten zu melden, die gegen Ethikgrundsätze, Menschenrechte, Sicherheit und Gesundheitsschutz oder den Umweltschutz verstoßen.