LED-Pairing – Ein Thema, das mir in den vergangenen Jahren immer wieder begegnet ist. Automotive Unternehmen, die in der SMD-Bestückung LEDs verwenden, können ein Lied von dem gordischen Knoten singen. Die Möglichkeiten, die Helligkeit der LEDs zu beeinflussen, sind begrenzt, sorgen jedoch für aufwändige und kostenintensive Prozesse im SAP und beschäftigen nahezu alle Fachabteilungen. Doch worin genau besteht das Problem? Was macht das Thema so bedeutend? Und warum sollten sich Unternehmen überhaupt mit LED-Pairing beschäftigen?

Stellen wir uns ein Bedienteil im Auto vor. Auf der Leiterkarte sind mehre LEDs verbaut, die das Bedienteil ausleuchten. Der Kunde wünscht sich ein homogenes Licht, das Bedienteil sollte nicht an einer Seite heller oder dunkler erscheinen. Und das Licht sollte zu den anderen Bedienelementen im Fahrzeug passen.

Die Krux mit der LED-Helligkeit

Bei der Herstellung unterliegen LEDs einer Streuung. Sie werden unter anderem nach ihren Helligkeitsklassen unterschieden. Nicht immer ist bei der Bestellung klar, welche Helligkeitsklasse geliefert wird. Oft wird sie erst im Wareneingang nach dem Öffnen der Kartonagen und dem Auspacken der Rollen bekannt. Die Bestellung einer dezidierten Helligkeitsklasse ist teuer und abhängig von der Stückzahl meist nicht umsetzbar. Daher ist es Aufgabe der Logistik, jede Rolle auf ihre Helligkeitsklasse zu überprüfen und sie gemäß dieser im SAP-Wareneingangsprozess zu vereinnahmen. In ein und demselben Karton können sich durchaus unterschiedliche Helligkeitsklassen befinden. Tritt bei der Vereinnahmung ein Fehler auf, kommt es in der Folge zur Fehlproduktion.

Pulsweitenmodulation erfordert aufwendigen Kompromiss

Um beim Endprodukt keine Unterschiede in der Helligkeit zu sehen und dem Kunden das gewünschte homogene Licht zu bieten, muss nun getrickst werden. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von Controllern, über deren Ausgänge durch Pulsweitenmodulation (PWM) die entsprechende Helligkeit der LED eingestellt werden kann. Dies ist der optimale Weg, sofern durch die Hardware genügend Performance und die erforderliche Anzahl an PWM-Kanälen bereitgestellt werden kann.

Warum also setzt man nicht von Anfang an auf die Controller? Die Umsetzung einer übergeordneten Dimm-Funktion, um alle LED-Gruppen homogen in ihren Helligkeiten zu variieren, ist weniger trivial als man vielleicht vermuten mag. Es geht um einen kniffligen Kompromiss: Einerseits sollte die PWM-Frequenz möglichst niedrig gehalten werden, denn je höher die Frequenz desto stärker die elektromagnetischen Felder. Auf der anderen Seite entstehen durch zu niedrige Frequenzen visuelle Negativeffekte, wie zum Beispiel ein Flimmern des Lichts. Zudem sind Controller teurer als Widerstände. Daher ist die PWM-Variante sowohl aus technischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht immer sinnvoll.

Alternativer Einsatz von Vorwiderständen wirft unzählige Fragen auf

Alternativ lässt sich die Helligkeit der verschiedenen LED-Gruppen durch entsprechende Vorwiderstände anpassen. Somit verhalten sich die verschieden LED-Gruppen, aufgrund des physikalischen Verhaltens der LEDs, beim Dimmen homogen. Doch genau diese Kombination aus LED-Helligkeitsklasse und passendem Vorwiderstand stellt die Herausforderung dar. Wie lässt sich die erforderliche Menge passender Vorwiderstände bereithalten, wenn sich erst bei Wareneingang herausstellt, welche Helligkeitsklasse geliefert wurde? Lieferzeiten und hohe Bestände müssen hier sinnvoll abgewogen werden. Besteht eventuell die Möglichkeit, eine Reduzierung der Helligkeitsklassen mit dem Lieferanten abzustimmen?

Die nächste Hürde betrifft die Materialbereitstellung in der Produktion. Wie bestellt der Mitarbeiter an der SMD-Linie gemäß FIFO Nachschub für die ausgegangen LEDs aus dem Elektroniklager. Ist der Bestand für die derzeit auf den Bestückern gerüstete Kombination aus LEDs und Widerständen im Lager vorrätig oder muss eine neue Kombination ausgelagert und gerüstet werden? Und wie lässt sich der synchrone Wechsel der LED-Widerstandsgruppe an den Bestückmaschinen umsetzen? Lohnt es sich, für jede Helligkeitsklasse ein eigenes Material zu erstellen oder sollte die Helligkeitsklasse in einem weiteren Feld (bspw. in der Handling Unit) gespeichert werden?

Mit Vorwiderständen zurück zu Zettel und Stift?

Die Anzahl der verschiedensten Kombinationen aus Vorwiderständen und LEDs hat zur Folge, dass ein ansonsten digitaler SAP-Prozess mit mobilen Endgeräten durchbrochen wird. Mitarbeiter aus der Produktion eilen mit Zetteln zur Logistik und erkundigen sich nach verfügbaren Kombinationen. Mit Industrie 4.0 hat das wenig zu tun. Eine retrograde Rückmeldung der richtigen Vorwiderstände ist ohne weiteres nicht möglich und führt mitunter ebenfalls zu Fehlbeständen. Verhindern lässt sich dies, indem die Maschinendaten der Bestücker genutzt werden, um die tatsächlichen Komponenten zurückzumelden. Allerdings ist dafür eine tiefere Integration der Maschinen in die SAP-Produktionsprozesse erforderlich.

LED Pairing - Mit Vorwiderständen zurück zum Zettel

Die LED-Lagerung und ihre Tücken

Auch die Lagerung der angebrochenen LEDs, bei denen die Vorwiderstände ausgegangen sind, gestaltet sich schwierig. Die Materialien sind häufig feuchtigkeitsempfindlich und müssen nach Gebrauch eingeschweißt oder unter besonderen klimatischen Bedingungen in einem SMD-Tower gelagert werden. Dabei müssen die Offenzeiten berücksichtigt und eine Überschreitung durch den Prozess ausgeschlossen werden. Durch die Lagerung von Rüstungen (Festrüstungen / Variable Rüstungen) kann das Thema zusätzlich an Komplexität gewinnen. Wer sich mithilfe von Verfügbarkeitsprüfungen für Widerstände und LEDs im SAP einen Überblick verschaffen will, hat eine anspruchsvolle Aufgabe vor sich – denn dabei gilt es die Kombinationen zu berücksichtigen, die teilweise auf den SMD-Linien laufen, in Rüstungen neben den Linien oder im Rüstzentrum für andere Projekte vorbereitet wurden, im SMD-Tower als Anbruchgebinde zwischengelagert wurden oder im Elektroniklager auf eine Bestellung warten. Auf welcher Basis bestelle ich aber nun die Widerstände beim Lieferanten?

LED-Pairing als K.-o.-Kriterium für Optimierungsprojekte

Nun mag man vermuten, dass intelligente Maschinen zumindest die Anforderung von Material an der Linie aus dem Elektroniklager automatisieren können. Die Bestückmaschinen kennen die gerüsteten Komponenten und die Anzahl der noch auf der Rolle verfügbaren Komponenten. Daher sind aktuelle Systeme in der Lage, vor Ablauf von Komponenten, durch eine automatisierte Bestellung im SAP für Nachschub zu sorgen.

Beim LED-Pairing sieht es leider anders aus. Hier stellen die Kombinationen aus LEDs und Vorwiderständen das K.-o.-Kriterium für derlei Optimierungsprojekte dar. Bei sich ständig ändernden Stücklisten, unbekannten Beständen für die Kombinationen und wechselhaften Materialumrüstungen stoßen auch noch so intelligente Maschinen an ihre Grenzen.

Variantenvielfalt erzeugt Unmengen an Stammdaten

Nicht zuletzt sorgen die unzähligen möglichen Kombinationen auch bei den Fertigungsplanern für Unmengen an Stammdaten im Produktionsumfeld. Da auf einer Leiterplatte mehrere LEDs sitzen, diese dann mehrere Helligkeitsstufen und damit unterschiedliche Vorwiderstände besitzen können, ergeben sich so etliche Varianten der Stückliste für eine einzige Leiterplatte. Hinzu kommen die Materialstammdaten für die Widerstände je Helligkeitsklasse.

Variantenvielfalt erzeugt Unmengen an SAP Stammdaten

Fazit

Kurzum: LED- Pairing beschäftigt nahezu alle Fachbereiche im Unternehmen und verursacht somit enorme Zeit- und Kostenaufwände. Neben alldem werden dadurch auch Industrie 4.0 Projekte verhindert, die zur Optimierung der Nachschubversorgung der SMD-Linien bitter nötig wären.

Dank unserer langjährigen Branchen- und Prozessexpertise unterstützen wir Sie gerne dabei, den gordischen Knoten zu zerschlagen. Sprechen Sie uns an.